Die Öl-Piraten haben Hochkonjunktur
2019 war ein entscheidender Wendepunkt im Kampf gegen die Piraten zur See.
Im letzten Jahr ging die Zahl der Überfälle durch Piraten auf einen Wert (41) zurück, wie man ihn zuvor seit 25 Jahren nicht mehr bei großen Schiffen gesehen hatte.
Das war ein Rückgang von mehr als 50 % mit einem gleitenden Zehnjahres-Durchschnitt von 95 Überfällen pro Jahr!
In der bekanntesten Piraten-Hochburg der Welt, dem Golf von Aden vor der somalischen Küste, fand sogar überhaupt keine Schiffsentführung mehr statt.
Das war früher einmal für Kapitäne die gefährliche Zone auf allen Weltmeeren.
Aber selbst in dieser exotischen Marktnische brachte die Pandemie einen seltsamen Trendwechsel zustande, weil immer mehr Öl auf den Meeren gelagert wurde, um den Ölpreis zu manipulieren.
Auch aus Umweltschutzgründen ist die Öllagerung auf hoher See der pure Irrsinn, aber wen interessiert das heute noch!
Der Schwerpunkt der Ölpiraterie verlagerte sich in den Golf von Mexiko, in welchem viele Öltanker während der Ölflut vor Anker lagen.
In Asien hatte sich die Öl-Piraterie im ersten Halbjahr 2020 im Vergleich zum letzten Jahr sogar verdoppelt!
Bei der Öl-Piraterie handelt es sich also um eine Branche, welche einen respektablen Aufschwung in den Zeiten von Wirtschaftskrisen verzeichnet.
Es handelt sich also um einen der wenigen krisensicheren Arbeitsplätze.
Im südlichen Golf von Mexiko nahm die Zahl der Piratenüberfälle im April 2020 deutlich zu, weil alle Schiffe bis zum Rand mit Öl gefüllt waren und der Ölpreis historisch in die Tiefe krachte.
Zu diesem Zeitpunkt überfielen die Piraten die Öltanker aber hauptsächlich deshalb, um Geld und wertvolle technischen Instrumente zu stehlen, um sie später auf Schwarzmärkten wieder zu verscherbeln.
An den Schiffen selbst hatten sie überhaupt kein Interesse.
Auf der anderen Seite des Atlantiks im Golf von Guinea an der westafrikanischen Küste entsteht neuerdings das größte Nest für die moderne Piraterie.
Die Piraten im Golf von Guinea sind nicht nämlich nur die brutalsten, sondern sie haben auch ein anderes Geschäftsmodell.
Sie stehlen das Humankapital anstatt die Schiffe. Sie nahmen seit Januar 2020 insgesamt 77 Seeleute als Geiseln und verlangen für sie Lösegelder.
Deshalb fiel die Zahl der Schiffsentführungen auf das niedrigste Niveau seit 1993.
Im April griffen die Piraten ein schwimmendes Öllager an und klauten nur das Öl sowie die neunköpfige Besatzung.
Das Schiff wurde dabei nicht beschädigt.
In Asien erstreckt sich der Einflussbereich der Piraten vom süchinesischen Meer bis an die Küsten von Indonesien, Vietnam, Indien, den Philippinen und Bangladesh.
Die meisten Angriffe erfolgen in der Straße von Malakka und in der Straße von Singapur, weil dort der ganze Schiffsverkehr von und nach China abgewickelt wird.