Die Briten lösen im zweiten Lockdown ihre Homeoffices in den Kneipen auf

Was sich wie ein guter Witz anhört, das war in Großbritannien ein richtiger Boom: das Büro in der Stammkneipe!

Während die Pubs in London schon wieder wegen des Corona-Virus schließen müssen, verlieren nicht nur ihre Stammgäste ihr zweites Zuhause, sondern auch zahlreiche Mitarbeiter von Unternehmen ihr Büro.

Diese haben sich nämlich einfach in ihrer Kneipe ein Büro eingerichtet, in welchem sie in den letzten Monaten von „zu Hause“ aus arbeiteten.

Denn dies ist letzten Endes für viele Menschen ihr zweites Zuhause!

Mehrere dieser Mitarbeiter wurden kürzlich im Wall Street Journal (WSJ) prominent vorgestellt.

Matthew Edwards fand beispielsweise in der Pandemie heraus, dass 20 britische Pfund (ca. 22 Euro) für 4 Stunden Wi-Fi-Empfang, ein Mittagessen, Kaffee und einen halben Liter Bier ein Schnäppchen ist.

Und das alles für eine Umgebung, welche ihn weniger ablenkt als seine Wohnung.

Er schlug deshalb seine geschäftlichen Zelte im King´s Head Pub in London auf.

„Es ist wie im Büro um ganz ehrlich zu sein, aber mit einer etwas schöneren Umgebung,“ sagte er dem WSJ.

Obgleich seine Familie und seine Freunde anfänglich sehr skeptisch waren, wurde er ohne die häuslichen Ablenkungen in den letzten Monaten sehr viel produktiver.

„Künftig sitze ich wieder meiner Frau gegenüber am Küchentisch, weil die Pubs in der letzten Woche geschlossen haben!“

Der Geschäftsführer von „King’s Head“ Pub (Gary Willison) unterstützt das sogenannte „Pub desking“, weil die Pubs dringend neue Geschäftsfelder benötigen.

Er öffnete sein Pub um 10 Uhr morgen, um einen Brunch anzubieten.

Die meisten anderen Pubs öffnen nicht vor 12 Uhr, wenn sich langsam die ersten Angestellten zu einem Glas Bier auf den Weg machen.

Die Vorstandsvorsitzende des Britischen Bier- und Pub-Verbandes sagte dazu: „Die Pubs müssen sich den Marktveränderungen anpassen!“

Die 38-jährige Stefanie Seed fand ihre tägliche Entspannung im North Bar Social Pub.

Sie sagte: „Nach einem harten Arbeitstag konnte ich mich dort mit einem Glas Apfelwein belohnen!“

Megan Kneafsey und Robert Littleton von der Labour Partei richteten sich im Bull & Gate Pub im Norden Londons ein.

Sie sagten, dass das Arbeiten im Pub sich wie zu Hause anfühlte.

Außerdem planen sie nach dieser Erfahrung ihren Hochzeitsempfang in diesem Pub im nächsten Jahr oder wohl eher am Sankt Nimmerleinstag.

Kneafsay brachte schon vor dem Corona-Virus immer ihren Laptop mit in dieses Pub.

Damals hätte man sie noch deswegen angestarrt, aber heute wäre das völlig normal.

Hunter Ruthven nistete sich im Bull & Gate ein.

Er bezahlt 15 britische Pfund (16,65 Euro) für Wi-Fi-Empfang, eine unbegrenzte Menge an Tee und Kaffee, sowie ein Mittagessen.

„Das mache ich alle 14 Tage,“ sagte er.

James Melville ist Geschäftsführer einer PR-Firma im Süden Englands und er arbeitet immer einen Tag lang in der Woche im Pub.

Er geht dafür immer in sein Pub Punchbowl & Ladle in seiner Stadt.

Er kommentierte die Shutdowns wie folgt: „Sie sind eine Schande! Aber ich versuche das Beste daraus zu machen.“

Eine Schließung der Pubs gab es in der langen Geschichte der Briten bislang noch nicht.

Das sollte einem zu denken geben.

Das Bier floss in den Pubs sogar während der Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg und der großen Pest von 1665.

Nach der Wiedereröffnung im Sommer 2020 boomten die Pubs.

Die Briten glauben aber noch immer daran, dass am 2. Dezember der Lockdown vorbei sein wird.

Das ist ganz schön naiv.

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